Sie haben eine Vorstellung von der Häufigkeit und den verschiedenen möglichen Ausprägungen der Schwangerschaftsübelkeit und verstehen, wie sich dies auf die Lebensqualität der betroffenen Frauen und deren Familien auswirken kann.
Sie kennen die verschiedenen Faktoren, die als Ursachen für die Entstehung von Schwangerschaftsübelkeit und Erbrechen diskutiert werden. Sie kennen den Begriff der «Mutter-und-Embryo-Schutz-Hypothese».
Sie können betroffenen Frauen ausführlich zu den nicht-pharmakologischen Therapiemassnahmen bei Schwangerschaftsübelkeit und Erbrechen beraten.
Sie wissen, welche Arzneistoffe für eine sichere Anwendung in der Schwangerschaft zur Therapie von Schwangerschaftsübelkeit und Erbrechen eingesetzt werden können.
Zusammenfassung
Während der 6. und 14. Schwangerschaftswoche leiden ungefähr 80% der Schwangeren an Übelkeit. Etwa die Hälfte der Betroffenen leidet zusätzlich an Erbrechen, aber nur knapp 1% an der besonders ausgeprägten Form der Hyperemesis gravidarum, die durch Elektrolytstörungen, Nährstoff- und Energiemangel zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen kann. Auch die seelische Belastung kann sehr gross sein. Die genaue Ätiologie der Übelkeit und des Erbrechens in der Schwangerschaft – kurz NVP (Nausea and Vomiting of Pregnancy) – ist nicht bekannt. Das Schwangerschaftshormon hCG (humanes Choriongonadotropin) und Östrogen scheinen eine wichtige Rolle zu spielen. Da aber nicht alle Frauen auf den schwangerschaftsbedingten Anstieg dieser Hormone in gleicher Weise mit NVP reagieren, scheint die Sensibilität auf die Stimuli für NVP durch genetische, gastrointestinale, vestibuläre, olfaktorische und psychologische Faktoren moduliert zu werden. Eine gemässigte NVP könnte entwicklungsbiologisch dem Schutz von schwangeren Frauen und den sich entwickelnden Embryos vor schädlichen Bestandteilen aus der Nahrung dienen. Zu den nicht-pharmakologischen Therapieformen der NVP gehören diätetische Massnahmen und Verhaltensmassnahmen, welche u.a. eine Schonung des Magens, einen konstanten Blutzuckerspiegel oder eine Vermeidung von triggernden Faktoren zum Ziel haben. Auch die Akupunktur/Akupressur des P6-(Neiguan)-Punktes gehört dazu. In der Pharmakotherapie haben sich Vitamin B6 (Pyridoxin), die H1-Antihistaminika (z.B. Dimenhydrinat, Meclozin, Diphenhydramin, Hydroxyzin) und die Phenothiazine (z.B. Chlorpromazin, Perphenazin) für die Behandlung von NVP als wirksam und sicher erwiesen. Für Metoclopramid, Domperidon und Ondansetron existieren zu wenig Daten zur fetalen Sicherheit, um sie in erster Linie zur Therapie von NVP zu empfehlen. Corticosteroide zur Behandlung von Hyperemesis sind möglicherweise nicht so effektiv, wie ursprünglich angenommen und könnten mit einem leicht erhöhten teratogenen Risiko assoziiert sein. Ingwer in verschiedensten Formen ist Bestandteil der Erfahrungsmedizin, aber die Daten aus klinisch kontrollierten Studien zur fetalen Sicherheit sind limitiert.
Eine gute Beratung über die möglichen nicht-pharmakologischen und pharmakologischen Therapiemassnahmen bei NVP erhöht die Lebensqualität der Schwangeren.