Sie sind mit den grundlegenden Mechanismen der Tumorentstehung und deren Regulationsmöglichkeiten vertraut.
Am Beispiel ausgewählter Substanzen lernen Sie mögliche Angriffspunkte im Verlauf der Karzinogenese kennen und verstehen deren Wirkungsmechanismen zur Hemmung oder Förderung der Tumorentwicklung.
Sie sind sich der Bedeutung von Umweltfaktoren – insbesondere der Ernährung – bei der Krebsentstehung bewusst und wissen dies in Ihren Patientenberatungen einzusetzen.
Sie kennen den aktuellen evidenzbasierten Erkenntnisstand der Zusammenhänge zwischen Ernährung und den häufigsten Tumorarten der Schweiz im Detail. Sie sind über die allgemeinen, wissenschaftlich anerkannten Empfehlungen zur Primär- und Sekundärprävention von Krebserkrankungen informiert und für die wichtige Rolle des Apothekers auf diesem Gebiet sensibilisiert.
Zusammenfassung
Die Tumorentstehung verläuft über einen hochkomplexen, mehrstufigen Prozess und kann auf allen Ebenen sowohl akzellerierend wie auch hemmend moduliert werden. So fördern polyzyklische Kohlenwasserstoffe, Nitrosamine, Strahlung oder Alkohol via unterschiedliche Mechanismen die Entstehung eines Karzinoms, während für Antioxidantien wie die Carotinoide, sekundäre Pflanzenstoffe, Selen oder Folsäure das Gegenteil zutrifft. Die Krebsentstehung wird also wesentlich durch Umweltfaktoren beeinflusst: die beiden Hauptfaktoren - das Rauchen (30%) und die Ernährung (35%) - unterliegen der individuellen Eigenverantwortung und sind somit der Prävention zugänglich. In diesem Artikel wird eine Zusammenstellung der aktuellen wissenschaftlich anerkannten Erkenntnisse zwischen Lebensmittelverzehr und assoziierten Faktoren und dem Krebsrisiko einzelner Organe wiedergegeben und die Ernährungsepidemiologie der vier häufigsten Krebsarten der Schweiz detailliert besprochen. In der Brustkrebsentstehung scheint neben einer genetischen Prädisposition vor allem die lebenslange strogenexposition
eine Rolle zu spielen. Alkoholkonsum, Übergewicht und Gewichtszunahme in der Postmenopause sind wahrscheinliche ernährungsassoziierte Faktoren, während die Zusammenhänge für (tierische) Fette und Fleisch sowie für Früchte und Gemüse (invers) schwächer sind. Hormonelles Ungleichgewicht scheint auch bei der Entstehung des Prostatakarzinoms eine zentrale Rolle zu spielen. Von den untersuchten Ernährungsfaktoren erreicht aber noch keiner eine überzeugende Beweislage: eine fett- und fleischreiche Ernährung erhöht, Früchte und Gemüse senken möglicherweise das Krebsrisiko. Einzig dem Carotinoid Lycopin konnte eine gesicherte protektive Wirkung attestiert werden. Lungenkrebs ist vor allem die Folge des Zigarettenrauchens. Hoher Gemüse- und Früchteverzehr reduziert aber, unabhängig vom Zigarettenkonsum, nachweislich das Tumorrisiko. Welche Inhaltsstoffe dafür verantwortlich gemacht werden können, bleibt aber weiterhin grösstenteils unklar. Epidemiologische Daten sprechen eher gegen einen protektiven Einfluss des ß-Carotins und lassen in Hochrisikogruppen sogar einen rebsfördernden Effekt vermuten. Überzeugend ist die Beweislage, dass hoher Gemüse- und Ballaststoffkonsum sowie körperliche Aktivität das Risiko eines kolorektalen Krebses verringern. Alkohol, (rotes) Fleisch und hoher Fettkonsum hingegen erhöhen wahrscheinlich das Risiko, an diesem häufigen gastrointestinalen Krebs zu erkranken. Das Magenkarzinom schliesslich ist die einzige Krebsart, deren Häufigkeit sich mit Beginn der westlichen Ernährungsweise drastisch verringert hat; Gründe sind vor allem in der verbesserten Lebensmittelhygiene und -Konservierung zu sehen. Insgesamt wird zur Krebsprävention empfohlen, in der Ernährung pflanzliche Kost zu bevorzugen, den Konsum von Alkohol, Fett, (rotem) Fleisch und Salz zu verringern, Übergewicht beziehungsweise Gewichtszunahme zu vermeiden, nicht zu rauchen und körperlich aktiv zu sein. Die Ernährungstherapie von Krebskranken hingegen soll vor allem die Lebensqualität verbessern; die Prognose kann sie nur begrenzt beeinflussen.